Container Schiff im Hafen

DDP, EXW & Co. im PraxistestWelcher Incoterm passt zu welchem Geschäftsmodell?

In vielen Unternehmen ist die Wahl des Incoterms eine reine Formsache. Die Entscheidung fällt meist aus Gewohnheit, orientiert sich an bestehenden Vorlagen oder daran, was „bisher gut funktioniert hat“. Doch gerade in Zeiten wachsender Komplexität in globalen Lieferketten kann ein falscher Incoterm unerwartete Konsequenzen mit sich bringen – für Abläufe, Kundenerwartung und nicht zuletzt die Kostenseite. 

Incoterms sind dabei kein bloßer juristischer Rahmen, sondern Teil der operativen Realität. Die entscheidende Frage lautet daher: Passt der gewählte Incoterm wirklich zu meinem Geschäftsmodell – oder nur zum bisherigen Standard?

Wo Verantwortung beginnt – und wo sie übergeht

Ein Incoterm regelt, wer für welche Aspekte verantwortlich ist - von der Abholung am Versandort über die Transportkosten bis hin zur Zollabwicklung und den Risiken während des Transports. Für Fachleute im internationalen Versand ist dies grundlegend bekannt: Die Wahl des richtigen Incoterms beeinflusst nicht nur die formale Abwicklung, sondern auch die reibungslose Durchführung oder mögliche Komplikationen. Für uns als Spedition bedeutet dies, dass klare Verantwortlichkeiten im Voraus definiert sein müssen, um den Transport effizient und sicher zu gestalten. Daher ist es entscheidend, nicht nur die Regelungen der Incoterms zu kennen, sondern auch ihre Anpassung an das spezifische Geschäftsmodell zu verstehen.

Im Folgenden präsentieren wir drei gängige Incoterms, die wir in unserem täglichen Geschäft besonders häufig erleben, jeweils im Kontext typischer Kundenstrukturen.

 

Drei Incoterms im Vergleich

Wer DDP, EXW oder DAP pauschal verwendet, entscheidet nicht nur über Zuständigkeiten, sondern über Prozesse, Kostenverteilung und Serviceverständnis. Im Alltag begegnen uns diese drei Regelungen besonders häufig – jeweils mit spezifischem Charakter.

DDP – Delivered Duty Paid

Der Verkäufer trägt nahezu die gesamte Verantwortung: Transport, Ausfuhr und Einfuhr, Zoll und Steuern. Dieses Modell eignet sich vor allem für Unternehmen, die ihren Kunden maximalen Komfort bieten wollen – etwa im E-Commerce oder bei stark serviceorientierten B2B-Modellen. Der Aufwand für Koordination, Dokumentation und Kontrolle ist hoch, gleichzeitig sichert DDP eine starke Kundenerfahrung – sofern das Unternehmen die nötigen Strukturen dafür hat.

EXW – Ex Works

Hier liegt die Verantwortung fast vollständig beim Käufer – ab dem Moment, in dem die Ware zur Verfügung gestellt wird. Für viele Verkäufer klingt das zunächst attraktiv, da der Aufwand scheinbar minimal ist. In der Realität jedoch führt EXW oft zu Herausforderungen: fehlende Transparenz, Abstimmungsaufwand, unklare Schnittstellen. Dieses Modell passt eher zu Kunden mit eigenen Logistiklösungen oder starker operativer Steuerung.

DAP – Delivered at Place

Ein pragmatischer Mittelweg: Der Verkäufer organisiert den Transport bis zum vereinbarten Ort – der Käufer übernimmt ab Anlieferung. DAP gilt in der Praxis oft als ausgewogene Lösung, wenn die Abwicklung klar strukturiert sein soll, ohne die volle Verantwortung einseitig zuzuweisen. Besonders im klassischen B2B-Geschäft mit regelmäßigem Warenfluss schafft DAP eine gute Balance zwischen Kontrolle und Verantwortung.

Im unteren Bild haben wir die Incoterms DDP, EXW und DAP grafisch für euch aufbereitet – so bekommt ihr die Abläufe und Zuständigkeiten auf einen Blick noch klarer.

Ein falscher Incoterm fällt nicht im Vertrag auf – sondern im Alltag

Incoterms wirken oft wie ein juristischer Nebensatz – bis sie plötzlich operativ zum Stolperstein werden.

Ein Incoterm ist nicht das Ende der Verhandlung, sondern deren Fundament. Wer Verantwortung klug verteilt, schafft Raum für bessere Partnerschaften, stabilere Prozesse und eine noch klare Kommunikation.
Vielleicht lohnt es sich, die nächste Vertragsklausel nicht als Pflicht zu sehen – sondern als strategische Chance.

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